„Verantwortungsgemeinschaft“ oder: Ko-Produktion einer guten Entwicklung unserer Stadt

Verschiedenfarbige unterschiedlich lange Pfeile weisen alle in die Richtung nach rechts oben
, , ,

Ein Beitrag von Dieter Schöffmann

Unser neuer Oberbürgermeister Torsten Burmester hat im Kölner Stadt-Anzeiger vom 8. November 2025 in einem ganzseitigen Artikel seine Vorstellungen zur Arbeit des Rates und der Stadtverwaltung und zur angestrebten Bürgernähe vorgestellt [Burmester 2025]. Er strebt eine „Verantwortungsgemeinschaft“ an, die er wie folgt beschreibt [Hervorhebungen D.S.]:

„Verantwortungsgemeinschaft bedeutet: Niemand darf sich wegducken. Der Rat muss gemeinsam tragfähige Kompromisse finden. Die Verwaltung muss schneller, klarer, bürgernäher und die Stadtgesellschaft beteiligt werden. Wir alle – ob in der Wirtschaft, im Ehrenamt oder als Nachbarn nebenan – tragen unseren Teil dazu bei, dass Köln wieder rund läuft.”

Dies liest sich sehr vielversprechend. Denn wenn Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und nicht zuletzt die breite Vielfalt engagierter Menschen an einem Strang ziehen, kann Köln gut vorankommen und die anstehenden Transformationen bewältigen.

Transformation braucht Kooperation

Die angestrebte Klimaneutralität bis 2035 ist nicht die einzige Herausforderung für Köln, die einen transformativen Prozess der Stadtentwicklung und ein zielgerichtetes Zusammenwirken mit der Stadtgesellschaft erfordert. So zeigen auch Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt „Kommunen innovativ“, dass

„… eine zukunftsfähige Stadt- und Regionalentwicklung Impulse und Initiativen einer am Gemeinwohl orientierten Zivilgesellschaft und engagierter Bürger*innen benötigt, die sich über ihre eigenen Interessen hinaus für das Gemeinwesen einsetzen. Von der Förderung bürgerschaftlichen Engagements, der Aktivierung ‚stiller‘ Bevölkerungsgruppen über die stärkere Verzahnung kommunaler und zivilgesellschaftlicher Organisationen und die Verstetigung von Nachbarschaftsprojekten, die gemeinsam von Kommunen und Bürger*innen getragen werden, bis zum Engagement in Genossenschaften, in denen Kommunen und Bürger*innen gleichberechtigt zusammenarbeiten: Die Bandbreite der im Rahmen von ‚Kommunen innovativ‘ erforschten und erprobten Allianzen ist groß.“ [Abt u.a. 2022, 16f.]

Und eine vom 3WIN e.V. Institut für Bürgergesellschaft (Köln) in 2023 und 2024 durchgeführte Befragung bei Kommunalverwaltungen in NRW hat ergeben, dass zahlreiche Kommunen dass Potenzial einer aktiven Bürgerschaft bei der Bewältigung von Herausforderungen wie „Klimaneutralität“, „Daseinsvorsorge“, „Einsamkeit“, „Erhalt öffentlicher Orte“ oder „Politik-/Demokratieverdrossenheit“ erkannt und erfahren haben (siehe: www.3win-institut.de/kommunale-herausforderungen/).

Die lösungsorientierte Anbahnung und Realisierung solcher Kooperationen bzw. ko-produktiver Prozesse ist aber nicht trivial. Sie bedürfen einer entsprechenden Engagementbereitschaft in der Stadtgesellschaft, die oft vorhanden ist, aber nicht verordnet werden kann. Voraussetzung eines solchen tragfähigen Engagementbeitrags ist die vorherige Beteiligung der Stadtgesellschaft an der Entwicklung der Zielsetzung wie an der Ausgestaltung der entsprechenden Maßnahmen. Mögliche Formate für eine solche Partizipation sind breite, über jeweilige „Fachblasen“ hinaus gehende Akteursforen oder auch Bürgerräte, wie z.B. der Offenburger Klimabürgerrat zur Überarbeitung des Klimaschutzkonzeptes. Hier gab es explizit den Teilaspekt: „Es braucht das Engagement jedes und jeder Einzelnen“ mit den Leitfragen: „Wie kann die Stadt die Bürgerinnen und Bürger Offenburgs dabei unterstützen, klimafreundlicher zu handeln und zu leben? Wo sehen die Bürgerinnen und Bürger Handlungsbedarf und welche Maßnahmen halten sie für sinnvoll? Wo können die Bürgerinnen und Bürger sich vorstellen, selbst aktiv zu werden?“

Engagierte Kooperationen brauchen ein kommunales „Meta-Engagementmanagement“

Erfolgreiche gemeinnützige Organisationen verfügen meist über ein professionelles Engagmentmanagement („Freiwilligenmanagement“, „Ehrenamtskoordination“ …). Auch ein ko-produktives Engagement wirkt bei kommunalen Entwicklungsprozessen umso erfolgreicher, je besser das kommunale „Meta-Engagementmanagement“ aufgestellt ist. Dazu gehören:

  • ein fundiertes Verständnis in der Kommunalverwaltung und -politik hinsichtlich einer engagierten Bürgerschaft und der Gelingensfaktoren für Kooperationen.
  • entsprechend kompetente Infrastrukturen, die als Prozessbegleiterinnen bzw. Ankerstrukturen zu einer frühzeitigen Beteiligung und längerfristigen Mitwirkung beitragen können – wie z.B. das Kooperative Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung (mit dem Verwaltungs- und dem stadtgesellschaftlichen Teil) oder auch die verschiedenen Freiwilligenagenturen in Köln mit ihren stadtgesellschaftlichen Netzwerken und fundierten Kenntnissen zu allen Aspekten des Engagementmanagements.
  • nicht zuletzt die bei der Stadtspitze beginnende Bereitschaft, nicht nur beim jährlichen „Lob des Ehrenamtes“ im Rahmen des Ehrenamtstages zu verharren, sondern im Alltagshandeln die Zusammenarbeit mit der organisierten Zivilgesellschaft wie auch mit den nicht organisierten engagementbereiten Menschen in der Stadt zu suchen.

Autor

Dieter Schöffmann ist selbständiger Berater und in Teilzeit Bereichsleiter „Politische Partizipation“ bei der Kölner Freiwilligen Agentur. Ehrenamtlich ist er u.a. aktiv als Sprecher der Arbeitsgruppe „Kommune und Engagement“ des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (www.b-b-e.de/kommune)

Quellen

Abt u.a. 2022: Jan Abt, Lutke Blecken, Stephanie Bock, Julia Diringer und Michael Melzer: Einführung: heute das Morgen gestalten – veränderte Formen der Zusammenarbeit in den Gemeinden, Städten und Regionen; in: Jan Abt, Lutke Blecken, Stephanie Bock, Julia Diringer, Katrin Fahrenkrug (Hrsg.): Von Beteiligung zur Koproduktion Wege der Zusammenarbeit von Kommune und Bürgerschaft für eine zukunftsfähige kommunale Entwicklung. 2022 (Springer), S. 2-19

Burmester 2025: Torsten Burmester: „Ich sage den Kölnerinnen und Kölnern: Eine klassische Koalition wird es nicht geben“ Der Rat muss tragfähige Kompromisse finden, die Verwaltung muss schneller und bürgernäher werden. Kölner Stadt-Anzeiger 08.11.2025

Titelbild: (c) Pixabay | Gerd Altmann

Neuste Beiträge