Finaler Ausbau der Systematischen Öffentlichkeitsbeteiligung

Es war ein langer Weg bis hierhin, aber seit dem 1.11. ist es so weit: Die Systematische Öffentlichkeitsbeteiligung gilt in Köln jetzt für das gesamte Stadtgebiet und für alle Beschlussvorlagen, mit denen sich die politischen Gremien der Stadt befassen, vom Rat über seine Ausschüsse bis zu den Bezirksvertretungen!

Das bedeutet nicht, dass es ab jetzt zu allem und jedem eine Öffentlichkeitsbeteiligung geben wird, aber die Überlegung, ob eine Öffentlichkeitsbeteiligung Sinn macht, gehört von nun an zu jeder politischen Entscheidung dazu – und das auch ganz formell, denn jeder Beschlussvorlage muss von nun an eine „Anlage Öffentlichkeitsbeteiligung“ beigefügt sein, in der die jeweilige Dienststelle dem Gremium begründet darstellt, ob sie eine Öffentlichkeitsbeteiligung empfiehlt oder nicht. Dieser Empfehlung kann die Politik dann folgen oder auch nicht!

Die Kölnerinnen und Kölner können dazu ebenfalls ihr Votum abgeben, das der Politik vor ihrer Entscheidung zur Kenntnis gebracht wird. Von dem Begriff „Anregungsrecht“ sollte man sich in diesem Zusammenhang allerdings nicht in die Irre führen lassen: Gemeint ist damit nicht die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, sondern ausschließlich der o.g. formale Vorgang, einer Beschlussvorlage, die keine Öffentlichkeitsbeteiligung empfiehlt, zu widersprechen und eine solche „anzuregen“.

Mit dem finalen Ausbau der Systematischen Öffentlichkeitsbeteiligung kommt ein Prozess zu seinem (vorläufigen) Abschluss, der 2014 durch Bürgerinitiativen und engagierte Einzelpersonen angestoßen wurde, denen die bisherigen Beteiligungsmöglichkeiten nicht ausreichten und die nicht länger davon abhängig sein wollten, ob diese oder jene Amtsleitung für Beteiligungsprozesse aufgeschlossen ist oder nicht. Ihre seit Langem bestehende Forderung nach „echter“ Beteiligung (im Unterschied zu den häufig unter „Alibiverdacht“ stehenden gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren) fand, auch unter dem Eindruck der Proteste gegen Stuttgart 21, neue Aufmerksamkeit.

Mit informellen „Abenden des Guten Gesprächs“, bei denen Initiativen, engagierte Einzelpersonen sowie dazugeladene Vertretreter:innen von Politik und Verwaltung zusammen kamen, um sich auszutauschen, wurde der Grundstein gelegt für einen langwierigen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess, an dessen Ende 2018 die Leitlinien und Qualitätsstandards für Öffentlichkeitsbeteiligung in Köln standen.

Die neuen Beteiligungsregeln galten allerdings nicht sofort im gesamten Stadtgebiet und auch nicht für alle Themenfelder: In einer sogenannten Pilotphase machten 2019 der Ratsausschuss für Klima, Umwelt und Grün sowie die Bezirksvertretung Nippes den Anfang. 2021 kamen die Bezirksvertretungen von Kalk und Lindenthal sowie das Thema Mobilität hinzu. Seit April 2023 gilt die Anwendung der Systematischen Öffentlichkeitsbeteiligung im gesamten Stadtgebiet. Hinzu kamen damals die Themenfelder Stadtplanung und Stadtentwicklung.

Die Erfahrungen mit der Systematischen Öffentlichkeitsbeteiligung in Köln haben gezeigt: Öffentlichkeitsbeteiligung ist kein Fass ohne Boden, das Verwaltung und Politik mit einer Flut von Beteiligungsverfahren überfordert und Verfahren über Gebühr in die Länge zieht. Gute Öffentlichkeitsbeteiligung ist ein Gewinn für alle Beteiligten: Durch Interessenausgleich, breitere Expertise, Transparenz und im besten Fall auch Ideenreichtum, steigt nicht nur die Akzeptanz, sondern auch die Qualität von Planungen und Entscheidungen.

Seit Beginn der ersten Pilotphase 2019 wurden insgesamt rund 40 Beteiligungsprozesse auf Grundlage der neuen Regeln beschlossen – eine überschaubare Zahl. Unter den jetzt neu hinzu gekommenen Ämtern und Dienststellen sind etliche, für die sich durch die neuen Regeln kaum etwas ändern dürfte, da sie sich im Wesentlichen mit laufendem Verwaltungsgeschäft befassen. Mit den Themenfeldern Wirtschaft, Soziales, Gesundheit, Sport, Liegenschaften, Schule und Weiterbildung sowie Kunst und Kultur, kommen allerdings auch Themenfelder hinzu, die für die Stadtgesellschaft von regem Interesse sind. Auf die neuen Beteiligungsmöglichkeiten in diesen Bereichen dürfen sich die Kölnerinnen und Kölner deshalb ab sofort freuen.

https://meinungfuer.koeln/informationen/zahlen-daten-fakten

https://meinungfuer.koeln/node/31377

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