


Im Vorfeld der Kommunalwahl hat sich vor einem guten halben Jahr das „Bündnis für Chorweiler“ gegründet, um sich für Demokratie und eine Steigerung der Wahlbeteiligung im Stadtbezirk einzusetzen (mit dabei: die Kölner Freiwilligen Agentur I Politische Partizipation). Schnell wurde klar: Demokratie ist ein großes Wort, aber kaum jemand wird durch den bloßen Apell, demokratisch zu wählen, seine Wahlentscheidung ändern, noch dringt man mit einer Diskussion über die Wahlentscheidung zum eigentlichen Problem vor, denn das sitzt tiefer. Ein Thema dabei: Vertrauen! Ohne ein Mindestmaß an Vertrauen – und zwar in „die anderen“ – kann Demokratie nicht funktionieren (das fängt schon damit an, dass man Vertrauen darein haben muss, dass im Falle der eigenen Wahlniederlage „die anderen“ ihren Sieg nicht dazu ausnutzen werden, freie Wahlen abzuschaffen…).
Vertrauen entsteht (auch) durch die Beobachtung, dass „die anderen“ (also Menschen jenseits des eigenen sozialen Milieus, der eigenen Herkunft etc.), vor allem anderen erstmal Menschen sind, so wie man selber erstmal Mensch ist, und dass sich daraus schon eine ziemlich große, grundsätzliche Übereinstimmung ergibt. Dafür muss man „die anderen“ aber erstmal leibhaftig mitkriegen (und sei es nur durch die gleichzeitige Anwesenheit an einem Ort), denn diese Ebene von Gemeinsamkeit (sozusagen als Gattungswesen) tritt medial vermittelt schnell in den Hintergrung (und stand bei der Entwicklung von Kommunikationsmitteln auch nie im Vordergrund).
Orte der klassen- und milieuübergreifenden, leibhaftigen Begegnung, werden aber immer weniger: Bibliotheken und Schwimmbäder schließen, Einkäufe finden vermehrt im Internet (statt im Laden oder auf dem Markt) statt, in der U-Bahn sind die meisten mit ihrem Handy beschäftigt… die Liste ließe sich fortsetzen.
Mit Chorweiler in Ton ging es uns deshalb in erster Linie darum, einen Ort herzustellen, an dem solche Begegnung stattfinden kann, jenseits eines explizit politischen Diskurses, aber dafür umso stärker an ein gemeinsam geteiltes Thema anknüpfend, nämlich den gemeinsam bewohnten, physischen Ort, und verbunden mit einem bleibenden Erlebnis: Es standen drei Tonnen (!) Ton zur Verfügung, um auf einer 4 x 4 Meter großen Plattform gemeinsam den Stadtteil nachzubauen. Dass sich daraus kein topografisch exaktes Abbild ergeben würde, stand von vornherein fest und war auch nicht Sinn der Übung. Vielmehr ging es uns darum, die Menschen über das Modellieren, z.B. ihres Lieblingsortes oder des eigenen Wohnhauses, ins Erzählen zu bringen. Diese Geschichten wurden festgehalten (u.a. durch separat am Rand geführte Videointerviews, aber auch durch Notizen und Tonaufnahmen der Bündnispartner) und werden gesammelt. Sie stellen die eigentliche „Ernte“ des Projekts dar, denn das Tonmodell selber kann aufgrund seiner Größe nicht gebrannt, sondern nur als Material (in diesem Fall durch die Jugendwerkstatt Chorweiler) wiederverwendet werden.
Chorweiler in Ton – Geschichten und Gemeinschaft im Stadtteil versteht sich nicht als abgeschlossenes Projekt, sondern als Auftakt zu einer Geschichtensammlung über und aus Chorweiler, die in der einen oder anderen Form veröffentlicht und fortgesetzt werden soll. Wir werden berichten…
Beteiligte Träger, Institutionen und Vereine: AWO Demokratie leben, Bürgerzentrum Chorweiler, Sozialraumkoordination Köln Chorweiler, Kölner Freiwilligen Agentur, DTVK e.V., F.I.Z. e.V., Fundus e.V., Katholisches Bildungswerk, Kommunales Integrationszentrum Köln, Köln im Film e.V., Bürgerplattform Stark im Kölner Norden, Organizing Germany, Melanchthon Akademie, VHS Köln.
Pädagogische Begleitung: Anne Mommertz
Dokumentation: Kevin Kader (u.a.).
Zu dem Ton-Projekt erschien in der Lokalzeit Köln am 04.09.25 ein kurzer Bericht (zwischen Minute 17.38 und 18.38), Link: