Vor 26 jahren stürzte das Kölner Stadtarchiv ein und riss zwei angrenzende Wohnhäuser teilweise mit. Zwei Menschen kamen ums Leben und die Bestände eines der umfangreichsten und vollständigsten kommunalen Archive Europas wurden zum Großteil zerstört oder für Jahrzehnte unzugänglich. Für viele Kölnerinnen und Kölner war das ein Wendepunkt: Das kölnische Gesetz „Et hät noch immer jot jejange“ hatte seine Gültigkeit verloren und die häufig beklagte „organisierte Verantwortungslosigkeit“ war auf einmal nicht mehr Gegenstand für Anekdoten und Beamtenwitze, sondern lebensbedrohlich! Oder, wie die Initiative Köln kann auch anders (K2A2) schreibt: „Als das Stadtarchiv einstürzte, war für uns Schluss mit lustig. Zeigen wir jetzt gemeinsam: Köln kann auch anders!“
Im Stadtraum klafft am Ort der Katastrophe bis heute eine Wunde, bzw. eine Grube und bis die Nord-Süd-U-Bahn durchgängig fahren kann, werden noch Jahre vergehen! Mit der Frage, wie dieser Ort einmal aussehen sollte, wenn das Alltagsleben hier wieder seinen Gang geht, beschäftigt sich die Initiative Archivkomplex nun schon fast so viele Jahre, wie der Einsturz des Archivs her ist. Ihre Forderung: Ein gestalterischer Ansatz, der sich nicht nur auf die künstlerische Gestaltung eines konkreten Denkmals oder Gedenkortes beschränkt, sondern der die räumliche Planung für diesen gesamten Stadtbereich erfasst und zum Gegenstand einer künstlerischen Auseinandersetzung mit planerischen Konsequenzen macht!
Dass es – selbst an einem emotional so aufgeladenen Ort – ein langer Weg würde, künstlerische Strategien als Grundlage von Stadtplanung durch- und umzusetzen, war den Beteiligten wohl von Anfang an klar – zu weit sind die üblichen Verfahren und Mechanismen der Stadtplanung von diesem Ansatz entfernt, als dass man darauf hätte hoffen können, dass es reichen würde, ihn den beteiligten Entscheidungsträgern einfach nur plausibel zu erklären! Dass es dann – trotz frühzeitig bestehender politischer Bekenntnisse – soo lange gedauert hat, mit diesem Ansatz in die Realisierung zu kommen, war für die Beteiligten aber wohl doch desillusionierend!
Der Freude über die Einladung der niederländischen Künstlergruppe Observatorium zu einer ersten Bestandsaufnahme und Intervention tut das keinen Abbruch: Ihr Projekt PANORAMA WAIDMARKT betrachtet den Unglücksort als kollektiven Bezugspunkt. Mit der Einladung an die Nachbarschaft, den Ort aus ihren zahllosen Perspektiven zu zeichnen, schaffen Observatorium eine Sammlung, die das ganze Spektrum sowohl von Erinnerungsarbeit als auch des Mediums Zeichnung abdeckt – ein Spektrum, das von der räumlichen Vermessung bis zur Traumaverarbeitung reicht!
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