„Waffelbacken ist genauso valide wie eine politische Diskussion“ Martin Herrndorf zum „Tag des guten Lebens“

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Ehrenfeld, Sülz, Deutz, Agnes- und Eigelsteinviertel – seit 2013 wandert „Der Tag des guten Lebens“ durch die Kölner Stadtviertel. Das Konzept: einen Tag lang autofrei, einen Tag lang Freiraum für Aktionen von Nachbar:innen im Veedel und für die Begegnung mit verschiedensten Initiativen und Gruppen. Von Anfang an im Orga-Team mit dabei: Martin Herrndorf. Zum zehnjährigen Bestehen am 17. September sagt er: „In Nippes waren wir noch nicht, das ist neu für uns.“ Die Entscheidung für Nippes sei aber nicht schwergefallen.

Es habe schon bei der ersten Kontaktaufnahme viele Organisationen gegeben, die sofort gesagt hätten: „Wir begrüßen das“ und bereit gewesen seien, eine aktive Rolle als „Gastgeber“ zu übernehmen – so wie der „Altenberger Hof“ oder auch der „Nachbarn 60 e.V.“ aus der autofreien Siedlung im ehemaligen Stellwerk. „Ein Stadtviertel muss sich zeigen wollen“, sagt Herrndorf dazu. Und jetzt, gut drei Monate vor dem 17. September, komme es ganz besonders auf den „Faktor Nachbarschaft“ an, denn: „Dafür, dass Nachbarinnen und Nachbarn sich an dem Tag begegnen, braucht’s die Nachbarschaft!“

Zentrales Anliegen sei es ja, an diesem Tag eine lebenswerte Utopie für die Nutzung des öffentlichen Raums aufzuzeigen. Die Nachbar:innen sollten sich einfach selbst verwirklichen und das tun, was sie wollten. Und wenn das hieße, vor der Haustür Playstation zu spielen oder Waffeln zu backen und andere kämen dazu. Für Herrndorf gilt: „Waffelbacken vor der Haustür ist dabei genauso valide wie eine politische Diskussion.“ Dass das Konzept funktioniert, weiß er aus Erfahrung: „Die Leute haben danach einen anderen Blick auf den öffentlichen Raum. Ganz oft kam die Reaktion: ‚Ich wusste gar nicht, wie breit meine Straße ist und wie viel Platz wir hier haben.‘ “ Dass die Deutzer Freiheit und auch der Eigelstein inzwischen autofrei seien, führt Herrndorf auch auf die „Tage des guten Lebens“ dort zurück.

Denn eine klare Agenda hat der „Tag des guten Lebens“ natürlich auch: „Bei der Auswahl des Veedels gucken wir darauf, ob es dort z.B. mobilitätspolitische Diskussionen wie in Nippes derzeit zur Neusser Straße gibt, ob etwas verändert werden soll und auch, wie vielfältig die Gesellschaft vor Ort ist.“ Als die zweite „Säule“ des Tages – neben der Nachbarschaft – benennt Herrndorf daher auch die „Programmstände“ von unterschiedlichen Institutionen zu unterschiedlichen Themen – von Ökostrom über Ernährung bis zu Demokratie und Bürgerbeteiligung.

Für das Gesamtkonzept wurde dem Projekt der „Deutsche Nachbarschaftspreis“ verliehen. Der Tag des guten Lebens sei ein befristetes Engagement, meint Martin Herrndorf. Idealerweise sagten sich die Leute danach: „Das war schön, und was machen wir jetzt?“ An diesem Punkt sieht Herrndorf die Kölner Freiwilligen Agentur am Zug: „Das passt sehr gut zusammen, denn wer will, kann über die Kölner Freiwilligen Agentur auch ein längerfristiges Engagement finden.“

Mehr Infos: tagdesgutenlebens.koeln

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