Am 23. April ist es soweit! Die Bürger*innen-Initiative Kalkberg lädt zum Picknick auf dem Kalkberg ein – Ab 14 Uhr!

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Foto: Blick vom Kalkberg über Köln
Blick vom Kalkberg

Du hast noch nicht vom Kalkberg gehört? Du wusstest nicht, dass es eine Grünfläche gibt zwischen Mülheim, Buchforst und Kalk mit vermutlich dem tollsten Blick auf die Stadt? Du lebst in einer der drei erwähnten Stadtteile und findest, dass es kaum Verweilmöglichkeiten im Grünen gibt? Das soll sich ändern! Zum Hintergrund und Geschehen vom Kalkberg, siehe auch den offenen Brief von der BI Kalkberg.

 

Wer sind eigentlich die Menschen, die um den Kalkberg kämpfen und somit auch um ein Stück demokratische Beteiligungskultur in Köln? Ich möchte euch hier die Perspektiven und Erfahrungen der Mitglieder*innen der BI Kalkberg wiedergeben. Maria, Boris, Jochen, Lothar und Josef sprechen über ihre Motivationen für das Mitwirken, ihre Enttäuschungen und Hoffnungen.

 

Ich unterhalte mich angeregt mit Maria, welche seit 2018 aktiv bei BI Kalkberg ist. Schon währender ihrer Zeit im Ortsverband der Grünen, wo sie im Vorstand war, widmete sie sich dem Erhalt des Kalkbergs. Maria erzählt mir von dem Antrag bei dem es darum ging, den Kalkberg nicht für den geplanten Landeplatz für den Rettungshubschrauber zu nutzen. Der Antrag wurde vom Rat abgestimmt, doch selbst zwei Jahre danach ist das Areal nicht für die Öffentlichkeit zugänglich und die Feuerwehr Kölns scheint noch an ihrer Basisstation für den Rettungshubschrauber festzuhalten. Die Empörung ist groß.

Maria: „Es gibt den Antrag, der abgestimmt wurde und dann passiert nichts. Es ist eine schwer zu tragende Tatsache.“

Es ist auch der Grund, warum Maria hier ist. Zusammen mit den anderen Mitgliedern kämpft sie für die Umnutzung des Kalkbergs über ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren. Der Rat der Stadt Köln hat durch einen politischen Entschluss bestätigt die Hubschrauberstation „endgültig nicht in Betrieb“ zu nehmen und stattdessen bewohnerfreundlich umzunutzen. Doch bis heute wird der Ratsbeschluss nicht umgesetzt und somit droht die demokratische Kultur um den Kalkberg herum zu ersticken.

Maria: „Wer ist denn für wen da? Die Verwaltung für die Bürger*innen oder die Bürger*innen für die Verwaltung?“ Sie äußert die Kritik darüber, dass Öffentlichkeitsbeteiligungsveranstaltungen von Verwaltungssprache geprägt sind. Wir sprechen über die Formate und Auslegung solcher Veranstaltungen und was das für Bürger*innen mit sich bringt.

Maria: „Verwaltungssprache ist schwierig, es ist nichts Genaues, nichts Handfestes und das finde ich zu schwierig für Bürger*innen um damit umzugehen.“

Ich höre Frustration und Sorge bei Maria. Ich stelle mir die Frage, wem dient Sprache? Sprache wurde vor allem seit der Kolonialzeit stets als politisches Mittel eingesetzt und instrumentalisiert. So beschreibt auch Kübra Gümüşay in ihrem Bestseller „Sprache und Sein“ wie Sprache unser Denken prägt und unsere Politik bestimmt. Kübra setzt sich für die Diskurse auf Augenhöhe ein. Solche Diskurse können nur dann lebendig werden, wenn wir Sprache nicht benutzen, um Gruppierungen zu bilden zum Beispiel Stadtverwaltung und Bürger*innen, sondern vielmehr als Menschen miteinander sprechen, was bedeuten würde keine Verwaltungssprache in solchen Veranstaltungen.

 

Auch Jochen gesellt sich zu unserem Gespräch, welcher seit acht Jahren bei der BI Kalkberg ist. Jochen teilt mir mit: „Ich vermute, dass hinter dem Verzug und das Nichtstun, schmutzige Grundstückgeschäfte dahinterstecken. Da sind ganz dubiose Sachen gelaufen.“ Wie auch schon Maria, ist Jochen misstrauisch. Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren laden Bürger*innen dazu ein, um ausgewählte Flächennutzung in Abstimmung mit der Stadt zu gestalten, indem sie ihre Vorstellungen, Wünsche, Anliegen in solchen Beteiligungstreffen äußern können.  Doch stattgefundene Beteiligungstreffen rund um den Kalkberg scheinen bei Jochen eher zur Enttäuschung geführt zu haben als zu einem Gefühl von Wirksamkeit.

Jochen beklagt: „Die Beteiligungsveranstaltungen waren wirklich ein Witz. Es waren keine Beteiligungsveranstaltungen, es waren Informationsveranstaltungen. Es hat mit Bevölkerungsbeteiligung nichts zu tun.“

 

Ich frage mich, ob es ein gemeinsames Verständnis unter dem Begriff Beteiligung gibt in solchen Öffentlichkeitsbeteiligungsprozessen. Was sind die Grenzen und Freiräume einer Beteiligung innerhalb eines Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren? Und wie werden diese Grenzen und Freiräume von der Verwaltung kommuniziert? In einem Stufenmodell im Sammelband zur integrierten Sozialplanung wird Öffentlichkeitsbeteiligung generell in drei Stufen gedacht.

1.Information, 2. Konsultation und 3. Kooperation. Die Autor*innen betonen die Wichtigkeit in der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürger*innen. Es müssen alle auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden und wissen, wie Beteiligung in diesem Verfahren aussieht in Bezug auf Handlungs- und Entscheidungsspielraum.

Blicke ich auf die Historie und den Verlauf der Kommunikation mit Verwaltung und der BI Kalkberg scheint trotz Zusprechen von Konsultation also Stufe 2, es auf Stufe 1 stehen geblieben zu sein. Jochen ist frustriert über den fehlenden Handlungsspielraum als ich ihn frage, was er sich wünscht: „Es müsste die Möglichkeiten geben auch etwas zu verändern und nicht nur von der Planung zu erfahren, wenn sie fertig ist.“ Das Mitmachen wollen hat Jochen auch zur BI Kalkberg bewegt. Mitmachen, das Wort bleibt bei mir hängen. Was braucht es damit wir fühlen, dass wir mitmachen können?

Für Boris ist auch die mangelnde Kommunikationskompetenz ein Grund für die Frustration: „Die Veranstaltungen sind nicht auf einen Dialog auf Augenhöhe ausgelegt und letztendlich bleibt die Definitionsmacht bei der Verwaltung.“ Im Sammelband zu integrierter Sozialplanung wird erwähnt, dass statt eines Konsultierens, was noch nicht mal im Falle Kalkberg zu Stande gekommen ist, die Stufe der Kooperation für kommunale Beteiligungsverfahren durchaus denkbar ist. Die Voraussetzung hierfür wäre eine Beteiligungskultur, wo sich die Politik mit den Bürger*innen auf Augenhöhe trifft.

In dem Zusammenhang hat Maria zuvor ein Zitat von einem Wiener Verkehrsplaner betont: „Man braucht eine Politik die das will, und eine Verwaltung die es kann. Kann unsere Verwaltung das, oder eben nicht?“

Boris fügt hinzu: „Für einen besseren Dialog müssten die Diskussionen bei Veranstaltungen zu Ende geführt werden. Vielmehr wird das Fragen gestattet, welches häufig unzufriedenstellend beantwortet wird. Daraufhin wird der Unzufriedenheit ausgewichen von Seiten der Verwaltung, in dem sie die Punkte, die zur Unzufriedenheit führen nicht mehr aufgreifen und einfach zum nächsten Punkt überleiten.“

 

Aber nicht nur die Kommunikation ist entscheidend, sondern auch das Auftreten. Alle drei erinnern sich an eine Veranstaltung mit der Feuerwehr, die schließlich den Kalkberg als Basisstation für sich beanspruchen möchte. Boris erzählt von seinen Erinnerungen an diese Veranstaltung: „Es war eine absolute Machtstruktur und eine Demonstration der Stärke.“ Maria klinkt sich ein: „Selbst wenn, Du hättest nicht die Gelegenheit bekommen etwas zu sagen.“ Für alle jedenfalls hat es sich nicht wie eine gute Beteiligung angefühlt. Es verstärkt nur die Gefühle der Frustration und Enttäuschung. Für Boris fühlt es sich an als würde die Verwaltung die Strategie des Aussitzens anwenden.

Er weist auf das Engagement dieser Gruppe hin und betont, dass viele es sich nicht über einen längeren Zeitraum leisten können hier aktiv zu sein und für eine demokratische Beteiligungskultur zu kämpfen: „Für die Leute hier ist es anders. Für sie ist entscheidend, wenn sich in zwei Jahren nichts ändern, dann kann ich es mir nicht mehr leisten hierher zu kommen.“

 

Josef ist seit kurzem bei der BI Kalkberg, aber schon 20 Jahre aktiv. Josef spricht über die Situation: „Das große Ganze drückt, so sehr, dass es kaum auszuhalten ist und ich lieber das Kleine suche.“ Daher ist Josef jetzt auch bei der Initiative. Sein Bild über die Zusammensetzung der Aktiven beschreibt er wie folgend: „die Aktiven hier sind mehrheitlich gebildet, weiß und verrentet. Verrente bin ich nicht, das übrige stimmt wohl (…immer noch).“ Als Neuling findet Josef die BI völlig anders als andere, die er erinnert. Vorschläge werden hier angenommen, es gibt eine Offenheit für anderes und es wird losgezogen. Josef beschreibt seine Erfahrung in der BI Kalkberg als folgende: „Jedenfalls lerne ich und es fühlt sich gut an die eigenen Gedanken zu beschränken und aufmerksam zu sein gegenüber dem Dienlichen.“

Ich greife den Punkt von Josef auf und frage Maria, Boris und Lothar wen sie hier vermissen? Boris erwähnt die Gemeinde Sikhs: „Es wäre schön, wenn die Gruppen, die den Kalkberg beanspruchen auch um ihn kämpfen würden.“ Doch Boris sieht auch, dass die Beteiligungsformate es schwer machen für unterschiedliche Gruppierungen der Bevölkerung mitzumachen. Die Formate sind sprachlastig und erlebnisarm.

Boris: „Es sind immer dieselben Kreise, die es ausfechten.“ Und doch betont er: „Wir sind jemand in Kalk und wir wollen auch etwas.“ Er plädiert dafür Kalk nicht nur als Empfängerviertel von Wohltätigkeiten zu sehen, wie es die Stadt tut: „Kalk hatte immer ein großes Selbstbewusstsein, hat sich aber nie artikuliert.“

Für Boris ist der Kalkberg höchst brisant und wichtig: „Vielleicht ist der Kalkberg ein Katalysator für eine Emanzipationsbewegung in Kalk.“

Die Frage ist nur für wen?

 

Ich möchte dieses Gespräch abschließen mit folgendem schönen Zitat von unserem Gespräch. „Berge sind die Orte, wo die Gegenentwürfe von Gesellschaft und Stadt überleben.“ Wenn der Kalkberg verloren geht, gehen auch Entwürfe von einem gemeinschaftlichen Zusammenleben verloren. Somit braucht es dieses Engagement, damit die demokratischen Strukturen nicht zu ersticken drohen.

 

Autorin: Antonia Vogelgsang

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