Warum Freiwilligen-Management? Ein Interview mit Ulla Eberhard

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Im September 2024 startet der nächste mehrteilige Zertifikatskurs „Erfolgreich mit Engagierten arbeiten“. Seit der Gründung der Kölner Freiwilligen Agentur e.V. sind Fortbildungen im Bereich Freiwilligenmanagement ein Herzensthema. In einem Interview mit Ulla Eberhard, der ehemaligen Geschäftsführerin und Mitgründerin der Kölner Freiwilligen Agentur e.V., wird die Bedeutung und Entwicklung von Fortbildungen in diesem Bereich betrachtet.

Ulla Eberhard, ehem. Geschäftsführerin der Kölner Freiwilligen Agentur e.V.

Welche Veränderungen im Bereich ehrenamtliches Engagement haben dazu geführt, dass sich die Erwartungen freiwillig Engagierter an die Mitarbeit in Organisationen verändert haben?

Seit den 1990er Jahren hat sich das ehrenamtliche Engagement deutlich verändert und damit eine Gründungswelle von Freiwilligenagenturen ausgelöst. Es wurde erkannt, dass Ehrenamtliche sich nicht mehr langfristig in Vereinen verpflichten möchten und nicht nur vordefinierte Aufgaben übernehmen wollen, sondern auch mitgestalten möchten. Flexibilität und kürzere Tätigkeiten stehen im Fokus vieler Engagierter.

In einem Kurs der Kölner Freiwilligen Agentur wurde vergangenes Jahr die Frage gestellt: „Was verstehen Sie unter kurzfristigem Engagement?“ Während manche von einmaligen Engagements ausgehen, definieren andere Organisationen kurzfristiges Engagement erst ab zwei Monaten. Die Vorstellung, dass Ehrenamtliche lange bleiben müssen, um nützlich zu sein, ist noch weit verbreitet. Es ist an der Zeit, als gemeinnütziger Verein flexibler zu werden und Angebote zu schaffen, die für viele Engagierte attraktiv sind. Das bedeutet nicht, alle Wünsche zu erfüllen, sondern eine größere Flexibilität anzubieten. Vereine können lernen, wie sie sich aufstellen müssen, um Ehrenamtliche anzusprechen, und Mitarbeiter:innen, die für die Ehrenamtlichen zuständig sind, können lernen, wie sie gute Angebote entwickeln und mit ihnen umgehen können. Es ist wichtig, sich den veränderten Bedürfnissen anzupassen und eine offene Haltung gegenüber flexibleren Engagementformen zu entwickeln. Gemeinsam können wir die Zukunft des Ehrenamts gestalten und neue Wege finden, um das freiwillige Engagement zu fördern.

Welche Schwerpunkte und Inhalte werden im Zertifikatskurses Freiwilligenmanagement behandelt und wie können sie helfen, mit Engagierten zusammen zu arbeiten?

Ein geschätzter Kollege hat das Modell des Kreislaufs im Freiwilligenmanagement entwickelt, das alle Schritte von der Gewinnung von Freiwilligen bis zur Verabschiedung umfasst. Im Zertifikatskurs werden alle Schritte dieses Modells durchlaufen. Dabei werden Themen wie die Zusammenarbeit von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen sowie die Anerkennungskultur behandelt. Anerkennungskultur meint z.B., welche Maßnahmen Vereine ergreifen können, um sicherzustellen, dass Ehrenamtliche sich gesehen und wertgeschätzt fühlen. Dies sind nur zwei Beispiele für die vielfältigen und wichtigen Themen, die im Kurs behandelt werden.

Was bietet der Kurs für Personen mit ersten Erfahrungen im Freiwilligenmanagement, die ihr Wissen vertiefen und erweitern möchten?

In unseren Kursen der vergangenen Jahre haben sowohl erfahrene Freiwilligenkoordinator:innen als auch Mitarbeitende in Organisationen, die neu in diese Aufgabe eingestiegen sind, teilgenommen. Diese Mischung hat sich als äußerst bereichernd erwiesen, da beide Gruppen voneinander lernen können. Die weniger erfahrenen Teilnehmer:innen profitieren von den Erfahrungen der anderen, während diese durch die Fragen der Neulinge neue Perspektiven gewinnen.

Für diejenigen, die bereits Erfahrung im Freiwilligenmanagement haben, ist es besonders wertvoll, auf bisher unentdeckte Aspekte aufmerksam gemacht zu werden und neue Fragen zu diskutieren. Oft wird das Freiwilligenmanagement ad hoc betrieben, indem man einfach die anstehenden Aufgaben erledigt. Dies ist wichtig und richtig, aber um einen Verein langfristig gut aufzustellen, ist es entscheidend zu überlegen, wie man das Freiwilligenmanagement nachhaltig und fest in der Vereinsstruktur verankern kann. Dieser Aspekt wird im Kurs behandelt und wird auch von den erfahrenen Freiwilligenmanager:innen geschätzt.

Was macht diesen Kurs im Vergleich zu anderen Weiterbildungsangeboten im Freiwilligenmanagement besonders attraktiv und wie unterscheidet er sich von diesen?

Der besondere Mehrwert unseres Zertifikatskurses liegt meiner Meinung nach im starken Praxisbezug. Während wir natürlich auch theoretische Hintergründe vermitteln, fließt vor allem die langjährige Erfahrung der Freiwilligen Agentur ein. In den vergangenen 27 Jahren haben wir viele gute Beispiele für erfolgreiches Freiwilligenmanagement gesammelt, die wir im Kurs vorstellen. Die besonderen Highlights sind die Besuche von Vereinen, die herausragendes Freiwilligenmanagement praktizieren. Hier haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, vor Ort zu sehen, wie die Umsetzung erfolgt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der intensive Austausch unter den Teilnehmenden. Das gegenseitige Lernen und die Inspiration durch die Erfahrungen der anderen Teilnehmenden sind entscheidend für den Erfolg des Kurses. Diese Kombination aus theoretischem Input, praktischen Beispielen und dem intensiven Austausch untereinander macht unserer Meinung nach die besondere Qualität dieses Kurses aus.

Welche Methoden und Ansätze werden in der Fortbildung vermittelt, die helfen können in der Praxis, erfolgreich mit Engagierten zusammenzuarbeiten und sie zu motivieren?

Hintergrundwissen ist entscheidend, um auch in neuen Situationen handlungsfähig zu bleiben, selbst wenn man sie noch nicht konkret erlebt hat oder sie im Kurs nicht ausführlich behandelt wurden. Durch das erworbene Wissen im Bereich des Freiwilligenmanagements kann man eigenständig handeln und weiß, in welche Richtung man gehen muss. Praktisch gesehen stellen wir im Kurs viele Checklisten zur Verfügung, die im Alltag hilfreich sind, um die Arbeit effektiv zu gestalten. Angefangen bei einer Checkliste, was bei der Einarbeitung neuer Ehrenamtlicher in der Einrichtung zu beachten ist, bis hin zur schriftlichen Vereinbarung mit den Ehrenamtlichen bieten wir praktische Muster an, die den Teilnehmenden zur Verfügung stehen.

Welchen Mehrwert bietet die Fortbildung im Freiwilligenmanagement für die Teilnehmer:innen und ihre Organisationen, und wie trägt dies langfristig zur Stärkung des Engagements bei?

Gemeinnützige Vereine können ihre Ziele besser erreichen, wenn sie auch Ehrenamtliche in ihre Arbeit einbeziehen. Ehrenamtliche stellen zusätzliche Ressourcen dar, die durch ihr Engagement in der Stadtgesellschaft wichtige Netzwerke aufbauen können. Ehrenamtliche können z.B. bei Lobbyarbeit und Fundraising wertvolle Zugänge und Unterstützung bieten, die Vereinen sonst vielleicht nicht zur Verfügung stünden. Vereine, die effektiv arbeiten und in der Stadtgesellschaft präsent sind, spielen eine wichtige Rolle für die Stärkung der Zivilgesellschaft. Sie sind unverzichtbare Akteure für eine funktionierende Demokratie. Das Engagement von Ehrenamtlichen trägt dazu bei, dass die Gesellschaft zusammenhält und lebendig bleibt. Gerade in Zeiten, in denen die Demokratie herausgefordert wird, ist es entscheidend, dass Handlungsmöglichkeiten vorhanden sind, um gemeinsam ein gelingendes Miteinander zu gestalten. Ehrenamtliche leisten dort einen Beitrag, wo sie es für wichtig erachten und tragen so zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei.

Was kostet die Fortbildung und wie kann ich mich anmelden?

• 700 Euro, es gibt zwei kostenfreie Plätze für Vereine ohne Hauptamtliche

• Anmeldung per Email an bildung@koeln-freiwillig.de

• Weitere Infos finden Sie hier: https://www.koeln-freiwillig.de/fortbildungsreihe-erfolgreich-mit-freiwilligen-arbeiten/

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